Paramount hat einen neuen Star Trek-Film angekündigt. Details allerdings, die fehlen komplett. Dabei hat der Film mit dem 9. Juni 2023 bereits einen genauen Start-Termin. Auf Nachfrage rückte man lediglich heraus, dass das Leinwandabenteuer einmal mehr von J.J. Abrams produziert wird. Klingt nach Chris Pine und der Kelvin-Zeitlinie, doch zumindest Ersteres halte ich für unwahrscheinlich.
Warum? Weil die Kelvin-Filme zu wenig Geld eingespielt haben. Schon die ersten beiden Filme, „Star Trek“ und Star Trek Into Darkness, schlugen sich eher mäßig an den Kinokassen. Star Trek: Beyond, der unter der Regie von Justin Lin entstand, aber noch von Abrams produziert wurde, brachte weltweit keine 350 Millionen US-Dollar ein. Bei Produktionskosten von 185 Millionen definitiv zu wenig Geld. Richtig gehört, denn Umsatz ist nicht gleich Gewinn.
Zu wenig Geld mit Abrams Lensflare-Trek
Wenn ein Streifen 350 Millionen einspielt, fließt nur rund die Hälfte zurück ans Studio (in China sogar deutlich weniger). Nicht in die Produktionskosten mit einberechnet ist das Marketing-Budget. Oftmals liegt es genauso hoch oder gar höher wie der Etat des Film selbst. Ein vermeintlich 185 Millionen US-Dollar teurer Film kann also gut und gerne ein 370 Millionen Dollar großes Loch in die Portokasse des Filmstudios reißen. Bei Einnahmen von 350 Millionen fließen dann gerade mal 175 Millionen zurück.
Dass an den Kinokassen gescheiterte Filme durch Blu-ray-Veröffentlichungen, Streaming-Portale, TV-Ausstrahlungen, Merchandising und Co. ihr Geld langfristig sehr wohl wieder einspielen und sogar in die Gewinnzone kommen, mag richtig sein. Es zählt, wie zahllose eingestellte Projekte zeigen, aber vor allem der kurzfristige Gewinn. Bei den Star Trek-Filmen der Kelvin-Zeitlinie wollte Paramount es trotzdem noch mal wissen. Allerdings hatte man sich weder mit Chris Pine noch mit Chris Hemsworth, der erneut Kirks Vater spielen sollte, auf eine Gage einigen können. Wie es heißt, wollte Paramount wegen des mageren Einspielergebnisses von Beyond das Budgets des vierten Teils kürzen. Pine jedoch habe auf die ihm vertraglich zugesicherte Gage bestanden.
Neuer Star Trek-Film: Alternative TNG-Crew aus der Kelvin-Timeline?
Filme der Kelvin-Zeitlinie sind damit nicht unmöglich geworden. Sollte der für 2023 geplante Star Trek-Film dennoch in dieser Zeitlinie spielen, wären Chris Pine als Kirk und auch die anderen Mitglieder seiner Reboot-Besatzung aber höchstwahrscheinlich nicht mehr dabei. Vorstellbar wäre aber, dass man andere Star Trek-Crews innerhalb der Kelvin-Zeitline rebootet. In einem alternativen 24. Jahrhundert könnte man zum Beispiel Captain Picard und die Besatzung der Enterprise-D neu zusammenbringen – und das sogar parallel zu angeblich in der Hauptzeitlinie stattfindenden Serien wie Star Trek: Picard. Wobei eine komplett neue Crew sicherlich der kreativere Ansatz wäre.
Die Kelvin-Zeitlinie wurde erst vor ein paar Monaten in der dritten Staffel von Star Trek: Discovery thematisiert. Ein von David Cronenberg gespielter Charakter, Kovich, erwähnt dort einen Zeitagenten aus einer Timeline, die durch ein romulanisches Minenschiff entstand. Interessanterweise handelte es sich um einen Reisenden aus dem späten 24. Jahrhundert. War das etwa schon ein Hinweis auf den neuen Star Trek-Film?
Kelvin-Zeitlinie hat sich überlebt
Eigentlich hat sich die Kelvin-Zeitlinie ja überlebt. CBS und Viacom hatten bis ins Jahr 2019 beide die Rechte an Star Trek inne: CBS an den Serien und Viacom, zu denen Paramount gehört, an den Filmen. Die Kreation einer neuen Zeitlinie war wahrscheinlich auch ein Versuch, eine saubere Trennlinie zwischen den Rechteinhabern herzustellen. Seit der Wiedervereinigung von CBS und Viacom sind die Rechte an Star Trek jedoch wieder unter einem Dach vereint: eine Trennung der Zeitlinien ebenso wie getrennte Kino- und Serienveröffentlichungen nicht länger erforderlich.
Außerdem haben die Verantwortlichen längst jeden Skrupel verloren. Für alternative Versionen von Spock, Sarek, Pike, Number One und der Enterprise gab es keine neue Zeitlinien. Ebenso wenig für die Einführung des Sporenantriebes oder die neugestalteten, den Kanon massiv widersprechenden Klingonen. Selbst die Föderation darf jetzt innerhalb der Hauptzeitlinie faschistisch sein. Insofern würde es mich nicht überraschen, wenn auch der für 2023 geplante Kinofilm im Prime-Universum spielt. Selbst wenn er das halbe Universum auf den Kopf stellt. Kurtzman braucht zum Überschreiben keine Paralleluniversen.
Neuer Star Trek-Film: Quentin Tarantino wohl raus
Der Bericht wäre nicht vollständig, blieben die in Aussicht gestellten Projekte unerwähnt. Lange Zeit war zum Beispiel ein von Quentin Tarantino produzierter Star Trek-Film im Gespräch. Ich muss gestehen, dass dieser Ansatz durchaus etwas hatte. Ich kann ja bekanntlich wenig mit dem gewaltaffinen Star Trek eines Alex Kurtzman anfangen, würde bei einem Tarantino-Film aber argumentieren: wenn schon ein Gewaltporno, dann wenigstens mit geilen Dialogen. Vergangenen August soll die Idee Tarantinos sogar noch im Gespräch gewesen sein, auch wenn er, wie es hieß, selbst ausgestiegen sei. Von Mark L. Smith (The Revenant) geschrieben, basiert das Drehbuch angeblich auf einer Episode der Oiriginalserie mit einem 30er-Jahre-Gangster-Setting.
Fans kennen diesen Ansatz sicherlich aus Epignonen (A Peace of the Action). In dieser Episode landet die Besatzung der Enterprise auf einem Planeten, auf dem sich die Crew wie in einer Gangster-Metropole aus den 1920ern verhält. 100 Jahre zuvor hatte die Crew der U.S.S. Horizon einen Roman hinterlassen, den die Bewohner des Planeten Sigma Iotia II inzwischen detailliert nachahmen.
Gänzlich neuer Ansatz lag zuletzt auf Eis
Ein weiteres Projekt hätte Noah Hawley (Fargo, Legion) inszenieren sollen. Im Gespräch verriet der Regisseur gar, dass es schon ein fertiges Drehbuch gab und man mit Konzeptdesignern über die Optik des Films beriet. Zwischenzeitlich wurde seine Idee aber wieder auf Eis gelegt. Hawley wollte einen komplett neuen Ansatz ohne Kirk und Picard wagen, ähnlich wie in Fargo, wo man nach Sichtung des Films denkt, dass die Serie überhaupt nichts mit dem Original zu tun hat. „Bis man das Geld gefunden hat.“
Erst im März wurde bekannt, dass Kalinda Vazquez, die von ihren Eltern nach einer Figur aus der Original-Serie benannt wurde, einen neuen Kinofilm schreibt. Vazquez schrieb bereits an Star Trek: Discovery mit: Von ihr stammen der in Deutschland noch unveröffentlichte Short Trek „Ask Not“ an Bord der USS Enterprise, den ich recht dürftig fand, sowie die STD-Episode „Terra Firma Teil 2“. Als ich das las, standen mir ehrlich gesagt die Nackenhaare zu Berge. Nicht nur, weil man in besagter Folge ein Blutmeer hinterlässt. Es wird dort zur Krönung des Ganzen auch noch der völkermordenden Diktatorin Philippa Georgiou Absolution erteilt. Pfui! Ob auch ihr Film menschenfeindlich werden soll, steht allerdings nicht fest.
Kann man noch hoffen?
Immerhin: Laut Brancheninsider The Wrap soll es sich bei dem neuen Star Trek-Film nicht um das Projekt von Vazquez handeln. Es könnten sich am Ende also durchaus mehrere Projekte in der Entwicklung befinden. Mein Favorit wäre ja ein Abenteuer in der Hauptzeitlinie: nach den Ereignissen von Star Trek: Nemesis, wieder etwas beschaulicher als zuletzt und mit einem Mix aus neuen und alten Charakteren. Rechtlich ginge das, wie gesagt, wieder. Bei den aktuellen Verantwortlichen habe ich allerdings meine Zweifel.
Abrams mag Filme technisch gut inszenieren können, hatte aber noch nie einen guten Riecher für Drehbücher. Star Wars Episode 9, wo er im Regiestuhl saß und am Drehbuch mitschrieb, halte ich für eine Katastrophe. Überhaupt kann der Mann nur anderer Leute Stoffe adaptieren. Auch vermeintlich eigene Stoffe sind, meiner bescheidenen Meinung nach, nur von anderen abgekupfert. Ich lasse mich natürlich gerne eines Besseren belehren, sehe mit Blick auf die letzten Projekte aber nicht, warum ich darauf hoffen sollte.
Zusätzliche Bildnachweise: CBS/Paramount