Kaum zu fassen: Ich habe seit fast sechs Jahren die Radeon R9 290X als Grafikkarte im Einsatz. Das Ding ist inzwischen so alt wie die Playstation 4 und noch immer haushoch überlegen. Für einen Nerd natürlich zu langsam. Aufrüsten hat sich aber nie angeboten.
Früher habe ich mir bestimmt einmal im Jahr eine neue Grafikkarte zugelegt. Das hatte vornehmlich zwei Gründe: Neue Grafikkartengenerationen waren tatsächlich spürbar schneller als ihre Vorgänger und ich hatte wieder was zum Basteln. Im Laufe der Jahre hat das leider nachgelassen. Als Playstation 4 und Xbox One erschienen, wurden die zwar als PC-Killer mit ungeahnten Leistungsreserven gefeiert, leisten aber bis heute nicht mehr als sechs Jahre alte Mittelklasse-Hardware. Allen Optimierungen zum Trotz.
Weil die Konsolen den kleinsten gemeinsamen Nenner bilden, hält sich, solange die Generation aktuell bleibt, natürlich auch der Aufrüstbedarf in Grenzen. Meine Ende 2013 erschienene Radeon R9 290X aus dem Hause AMD war den Konsolen damals haushoch überlegen und hält heute, sechs Jahre später, auch noch locker mit deren Pro- und X-Versionen mit. Natürlich hat man am PC die nach oben offene Auflösung und die deutlich höheren Bildraten. Auch die optionalen Effekte möchte man selbstredend nutzen können. Aber wie gesagt: Eingeschränkt kann ich das noch immer. Zudem war die Situation in den letzten Jahren beschissen.
Nur kleine Leistungssprünge
Die Leistungssprünge zwischen den Generationen waren zuletzt fast schon lächerlich gering, was sicher auch daran liegt, dass AMD finanziell zu schwach aufgestellt war, um adäquat zu forschen. Nvidia auf der anderen Seite hat sich Jahre lang auf seinen Lorbeeren ausgeruht. Die Kalifornier dominieren zwar schon seit Jahren die Leistungsspitze, aber nach meinem Dafürhalten auch nur so weit, wie sie müssen – und zu unattraktiven Preisen. Feature- und effizienzseitig haben die Grünen durchaus geliefert. Aber auch nicht in der Form, dass ich freudig ums Lagerfeuer tanze.
Die Radeon R9 290X erwarb ich Anfang 2014 als Referenzmodell, sprich mit dem von AMD angebotenen Radiallüfter. Hingeblättert habe ich dafür 399 Euro – wohlgemerkt für eine High-End-Karte am oberen Leistungsspektrum. Außerdem habe ich bestimmt noch mal 80 Euro in einen alternativen Kühler und zwei recht teure Lüfter, eLoops von der deutschen Firma Noiseblocker, investiert.
Ich hätte auch bei den Custom-Designs zuschlagen können, die ab Werk für gewöhnlich eine bessere Kühlung mitbringen. Die konnten mich aber nicht wirklich überzeugen. Außerdem machte sich schon damals bemerkbar, dass AMD aus dem letzten Loch pfeift. Die Leistungskrone hatte man sich einiges kosten lassen und mit eigentlich viel zu hohen Taktraten gearbeitet. Uber-Mode nannte man das Ganze euphemistisch. Einschaltbar per BIOS-Schalter. Alternativ lief die Karte auch langsamer, fiel dann aber entsprechend ab. Ein fetter Alternativkühler war für mich die einzige Option, um das Monster bei geringer Lautstärke kaltzustellen. Außerdem bastelt man halt gern. Zur Konkurrenz griff ich deswegen nicht, weil die nur 3 statt 4 GiByte Speicher bot.
Mining-Wahn und absurd hohe Preise
Die ersten Jahre tat sich leider nicht mehr viel. AMD bediente die Mittelklasse zwar noch angemessen, haute als High-End-Karten aber nur noch Hitzköpfe und HBM-Speicherexperimente raus, um dann doch nur zweite Geige zu spielen. Nvidia auf der anderen Seite ließ sich die Leistungskrone einiges kosten. Als dann noch der Mining-Wahn um sich Griff und jeder meinte, er müsste aus GPUs Bitcoin-Farmen bauen, konnte man das Thema PC-Gaming fast vergessen. Da gab es wegen der hohen Nachfrage selbst die Mittelklasse einige Zeit lang nur zu Mondpreisen – und war dazu noch schwer lieferbar.
Die Lage hat sich längst entspannt, doch aufrüsten lohnt sich nach wie vor nicht. Dabei bin ich durchaus bereit, wieder 300 bis 400 Euro in einen Pixelbeschleuniger zu investieren. Eine Vega 56 böte sich da beispielsweise an. Die hat zwar doppelt so viel Speicher wie meine in die Jahre gekommene Grafikkarte, aber längst nicht die doppelte Leistung. Die Geforce RTX 2060 auf der anderen Seite des Ufers sagt mir ebenfalls nicht zu, auch deswegen, weil die verbauten 6 GiByte Speicher unzeitgemäß sind. Wollte ich meine Leistung verdoppeln, weniger macht fünfeinhalb Jahre später keinen Sinn, müsste ich mich ohnehin eine Leistungsklasse höher umsehen. Das sehe ich wegen der Preise allerdings nicht ein.
Neue Generation wirkt vielversprechend
Meine Hoffnung ruht nun auf AMDs kommender Navi-Generation. Die wird heute Nacht im Zuge der E3 vorgestellt und verspricht Leistung auf dem Niveau einer Geforce RTX 2070. Navi, mutmaßlich als RX 5700 XT, sollte aber weniger als die Konkurrenz kosten. AMD kaufe ich ohnehin lieber. Nicht weil Nvidia schlechte Grafikkarten bauen würde; mich spricht einfach der Underdog-Charme an. Viel weniger Marktanteil und Kohle als die Konkurrenz und trotzdem wird noch recht Brauchbares geliefert. Außerdem gefällt mir Nvidias Politik nicht. Hohe Preise, gerade genug Speicher, damit man ja wieder schnell aufrüstet.
Bereits bekannt ist, dass AMD sich bei Navi von der alten Graphics Core Next-Architektur zumindest in Teilen verabschiedet. Hinzu kommt der Fertigungsvorteil durch TSMCs 7-nm-Prozess. Angeblich wurden Leistung und Effizienz deutlich gesteigert. Wunder erwarte ich zwar nicht, gehe aber davon aus, dass ich endlich wieder guten Gewissens aufrüsten kann. Mit Ryzen hat AMD schon an der CPU-Front gezeigt, dass man sie nicht abschreiben sollte. Hoffentlich nimmt nun auch die GPU-Sparte wieder Fahrt auf. Meine Radeon R9 290X gehört, auch wenn sie gut gealtert ist, endlich ausgemustert.
Ein Kommentar zu „Warum ich seit sechs Jahren dieselbe Grafikkarte nutze“