Netflix‘ The Order in der Kritik

Netflix versucht sich mit The Order an einer Fantasy-Serie. Über den Versuch kommt sie aber nur mit Einschränkungen hinaus, denn vorhandenes Potential bleibt vielfach auf der Strecke. Trotzdem möchte man nicht abschalten. Meine Kritik (Review) nach Sichtung der ersten Staffel von The Order.

Jack Morton reibt sich verwundert die Augen, als er seinen Aufnahmebescheid für die Belgrave Universität in den Händen hält. Stand da nicht eben noch, er sei abgelehnt worden? Mit dieser Szene erfährt der Zuschauer schon in den ersten Minuten von The Order, dass Jack von höheren Mächten berufen wurde. Nur deren Motive bleiben erst einmal im Unklaren. Dafür legen die Verantwortlichen direkt offen, dass Jack nach Rache für den Tod seiner Mutter sinnt.

Jacks Vater soll ihr Ableben zu verantworten haben, glauben Jack und sein Großvater. Da Jacks Vater irgendwas mit dem Hermetischen Orden der Blauen Rose zu schaffen haben soll, kommt es Jack natürlich zupass, dass dieser an der Uni gerade neue Mitglieder rekrutiert. Die Organisation erinnert stark an mystifizierte Studentenverbindungen, nur dass Jack, dem immer wieder Prüfungsaufgaben in der Tasche materialisieren, schnell klar wird, dass echte Magie im Spiel ist. Bevor ich es vergesse: Jacks Vater weiß natürlich nichts von der Frucht seiner Lenden.

Nebenfiguren, die man nur hassen kann

Wie das solchen Serien nun mal zu eigen ist, begleiten Jacks Aufnahmeversuche die obligatorischen Gönner und Neider. Obwohl sie sein Beitrittsbegehren tatsächlich scheitern lassen, findet Jack über Umwege trotzdem in die Verbindung. So weit, so vorhersehbar. Dass Jack noch während der Aufnahmezeremonie auf seinen Vater trifft, dürfte auch nicht gerade in die Chroniken der kreativen Plottwists wandern. Doch es wirkt nicht störend konstruiert und verspricht spannend zu werden. Immerhin entpuppt sich Daddy als niemand Geringeres als der Anführer des Ordens.

In Summe kommt die Serie bis zu diesem Twist leider ziemlich gehaltlos rüber. Vor allem Jacks Widersacher erweisen sich als reichlich klischeebeladen. Auch Jack Morton selbst fehlt es anfangs massiv an Profil. Teilweise tritt er als Unsympath, geradezu schmierig auf. Fast möchte man denen, die seinen Aufnahmeantrag permanent sabotieren, den Hass abnehmen. Wären sie nicht selber so eindimensional gezeichnet.

Jake Manley, der bereits in iZombie und Heroes Reborn eine wiederkehrende Rolle bekleidete, spielt den Hauptprotagonisten durchaus solide. Gewiss könnte sein Spiel abwechslungsreicher sein, nur müssten es die Drehbücher erst einmal hergeben. Anzumerken wäre allenfalls, dass ein 27 Jahre alter Mime im HD-Zeitalter keinen überzeugenden 18-Jährigen mehr abgibt. Andererseits sollte die Figur wohl etwas reifer wirken. Ohne Eltern aufgewachsenen, Einzelgänger, hartgesottener Magier und krallenbewährter Werwolf … das schreit förmlich nach einem reiferen Gesicht.

The Order in der Kritik: Magier und Werwolf in Personalunion

Richtig gehört: Jack entwickelt im Laufe der Staffel nicht nur Zauberkräfte, sondern lässt sich obendrein in einen Werwolf verwandeln. Sehr zum Ärger seines Rudels übrigens, das im Hermetischen Orden der Blauen Rose seinen Erzfeind gefunden hat. Entsprechend groß ist das Konfliktpotenzial. Immerhin erweist sich der kumpelhafte Randall, der es mit den Statuten der Ritter des heiligen Christopherus, so der Name des Wolfsbundes, alles andere als genau nimmt, als Fürsprecher. Er argumentiert, dass Wolfsfell hätte sich nicht freiwillig für Jack entschieden, hege der böse Absichten. Der Boss der Truppe sieht das freilich anders und fordert Jacks baldiges Ableben. Da man sich nicht einigen kann, kommt es zur Kraftprobe per Trinkspiel.

An solchen Stellen wird immer wieder deutlich, dass The Order zwar lustig sein will, der Humor dazu aber nur bedingt taugt. An vielen Stellen nimmt sich die Serie einfach viel zu ernst, als das man plötzlich aus dem Hut gezauberte Trinkspiele lustig fände. Trashig und sich allzu ernst nehmen, das funktioniert an vielen Stellen nur bedingt. Immerhin: Es wird im Verlauf der Staffel besser.

Auch an anderer Stelle weiß man nicht so recht, wo die Serie eigentlich hin will. Manches erinnert ein bisschen an Harry-Potters Gehversuche in der Zauberwelt, wäre da nicht diese locker-flockige Studentenatmosphäre. So bringen sich die Zauberschüler untereinander dunkle Magie bei, mit der man entsprechend bemaltes Papier in Objekt der Begierde verwandelt. Geldscheine, eine Hausarbeit – was auch immer. Allzu spät fällt den Figuren auf, dass sie den derart betrogenen Pizzaboten und Professoren auch eine Pechsträhne mit blutigen Konsequenzen anzaubern. Tja, passiert.

Netflix führt The Order, das immer wieder blutig wird, tatsächlich auch als Horror-Serie. Dabei lehrt sie einem nicht ein einziges Mal das Fürchten. Wie auch, so ganz ohne Gänsehautmomente. Überraschend ist manches vielleicht, ja. Wenn einem Küsser plötzlich die Lippen abgebissen werden oder ein missglückter Zauber einen offenen Armbruch hinterlässt, ist das nicht immer zu erwarten. Das sind jedoch reine Splatter-Momente. Mit Horror hat das wenig gemein. Es sei denn, man ist elf Jahre alt. Aber dem widerspricht eigentlich der Uni-Schauplatz der Serie.

Trotzdem bleibt man dran

Wenn man sich erst mal an die Hauptdarsteller gewöhnt hat und genug nervige Figuren sinnlos unter die Räder gekommen sind, entfaltet die Serie trotzdem einen gewissen Reiz. Wirklich Profil erhält neben Jack allerdings nur die von Sarah Grey verkörperte Alyssa Drake, wenn sie sowohl Jack als auch dem Antagonisten ziemlich nahe kommt. Trotzdem funktioniert ab einem gewissen Punkt das Zusammenspiel zwischen den Figuren. Jack hadert im Verlauf der Handlung mit seinen Loyalitäten, wodurch vor allem die Wölfe deutlich an Sympathie gewinnen. Der Orden wiederum verkommt im Laufe der Geschichte eher zu einem Sammelsurium an nebeneinander laufenden Prioritäten. Nicht ganz uninteressant, aber wiederholt nervig.

Edward Coventry, Jacks Vater und Anführer des Ordens, ist vergleichsweise gut geschrieben. Stellenweise erinnert er an einen unaufgeregten Uni-Professor, was den Studenten-Charme der Serie zusätzlich unterstreicht. Immer wieder stellt sich dem Zuschauer die Frage, was er wirklich im Schilde führen mag. Hat Jack sich womöglich ein falsches Urteil über ihn gebildet? Auch an seiner Darstellung durch Max Martini gibt es nicht viel zu meckern.

Leider gelingt es den Autoren am Ende nicht, die Motive des Sektenführers deutlich genug auszuarbeiten. Dadurch bleibt er blasser, als man noch zur Mitte der Staffel erwartet hätte. Auch Jacks Großvater, gespielt von Science-Fiction-Urgestein Matt Frewer, könnte mehr Profil und insbesondere auch Screentime vertragen. Stattdessen verlagert The Order auf Seiten des Ordens den Fokus immer wieder auf sich längst als nervig erwiesene Nebenfiguren.

Man kann sich freilich auch von Anfang an ausmalen, dass Jack und Alyssa Drake, nach mehreren Konflikten und einer dramatischen Trennung, einander sehr, sehr nahekommen. Trotzdem ist The Order nicht in Gänze vorhersehbar. Am Ende wartet noch die ein oder andere Überraschung auf den Zuschauer und irgendwie, man mag es nicht so recht in Worte fassen, hat man doch bis zum Schluss ohne größere Unterbrechung durchgehalten.

The Order in der Kritik: Fazit

Klischeehafte Figuren, vorhersehbare Tode, die obligatorischen Monster und Konflikte. The Order ist an vielen Stellen berechenbar und nicht auf den Punkt geschrieben. Trotzdem funktioniert mit der Zeit das Zusammenspiel zwischen den Figuren. Wer noch etwas braucht, das er beim Aufsetzen der Steuererklärung nebenher schauen kann; dafür taugt The Order allemal.

Eine zweite Staffel ist kein Muss, aber wenn sich die Autoren auf die Stärken der ersten besinnen, könnte durchaus was Brauchbares rauskommen. Vielleicht kein Meilenstein, aber solide Fantasy-Kost für zwischendurch.

Zusätzliche Bildnachweise zu The Order in der Kritik: Netflix

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